Was ist ein Reizdarm? Diese Frage stellte ich mir damals insgeheim, als ich beim Gastroenterologen saß und er mir einen „Reizdarm“ diagnostizieren wollte. Ich hatte ihn aufgesucht, mit der Bitte, einen Bluttest bezüglich eines Enzymmangels an DAO (Diaminoxidase) vorzunehmen, sprich zu prüfen, ob bei mir eine Histaminintoleranz vorliegt. Nach einer nach meinem Gefühl viel zu langen Diskussion nahm er mir Blut ab, bestand aber bis zum positiven Befund darauf, dass alle meine Symptome auf einen Reizdarm hindeuten würden.
Was ist ein Reizdarm eigentlich?
In den folgenden Wochen war ich viel zu sehr damit beschäftigt, mich zu ärgern und mit der Diagnose einer Histaminunverträglichkeit zurecht zu kommen. Erst viel später begann ich ernsthaft darüber nachzudenken: Was ist ein Reizdarm eigentlich? Was hatte der „Spezialist“ mir da diagnostiziert und wie kam er auf diese Diagnose. Vorhergegangen waren verschiedene Standardtests: ein Atemtest bezüglich Fructose, Lactose und ein Bluttest auf eine Glutenunverträglichkeit. Allergietests. Weil diese ohne Befund blieben, ebenso wie das Blutbild, schließlich eine Darmspiegelung.
Diese und häufig noch mehr Untersuchungen ohne Befund sind es, die meist der Diagnose „Reizdarm“ vorausgehen. Dieses Krankheitsbild wird nämlich immer dann diagnostiziert, wenn in den gängigen Untersuchungen keine organische oder biochemische Ursache für die vielfältigen Symptome gefunden werden können.:
Unter dem Begriff Reizdarm werden verschiedene Krankheitszeichen zusammengefasst, für die keine organischen oder biochemischen Veränderungen erkennbar sind. Bei länger als 3 Wochen anhaltenden Leibschmerzen, Stuhlunregelmäßigkeiten und Blähungen kann ein Reizdarmsyndrom vorliegen, wenn eingehende Untersuchungendurch einen erfahrenen Facharzt (Gastroenterologen) keinen Hinweis auf eine organische Ursache ergeben haben.
Symptome eines Reizdarms, Ursachen und Behandlung
Als Symptome für einen Reizdarm werden häufig angegeben:
- unbestimmte Schmerzen in der Bauchgegend
- Gefühl des Unwohlseins, Völlegfühl, Blähungen
- Stuhlunregelmäßigkeiten mit Verstopfung oder Durchfall, Stuhlveränderungen
- Rücken-, Kopf- und Gelenkschmerzen
- deutlicher Blähbauch
- Schleimbeimengungen im Stuhl
- unvollständige Stuhlentleerung
Kurz gesagt: alle Beschwerden, die irgendwie mit Darm und Verdauung zu tun haben. Dementsprechend vielfältig und diffus sind auch die Ursachen und Behandlungsempfehlungen, auf die man bei genauerer Recherche stößt. Von falscher Ernährung, über frühkindliche Erlebnisse und psychosomatische Faktoren bis zu einfachem Alltagsstress ist alles dabei. „Behandeln“ kann man demensprechend durch einfache Ernährungsumstellung, Entspannungstechniken, Psychotherapie, oder auch medikamentös. Natürlich wird der Reizdarm als „eine der häufigsten Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts in Deutschland“ bezeichnet. Eine Diagnose, mit der sich so viele Beschwerden erklären lassen, ist natürlich praktisch.
Gibt es einen Reizdarm wirklich?
Nachdem ich diese schwammigen Krankheitsbeschreibungen und Behandlungstipps wieder und wieder gelesen hatte, blieb bei mir eigentlich noch stärker die Frage: Was ist ein Reizdarm denn nun? Gibt es das überhaupt? Oder ist das so, als würde der Arzt mir „Kopfschmerzen“ diagnostizieren? Auch hier kann von Stress bis Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder einer organischen Ursache wie einem Tumor alles die Ursache sein und man kann mit Medikamenten, Operation, Entspannungstechniken oder Alternativen Heilmethoden wie Akupunktur alles versuchen. Trotzdem würde kein Arzt auf die Idee kommen, mich mit der „Diagnose“ Kopfschmerzen nach Hause zu schicken? Warum ist es beim Reizdarm anders?
Ich denke, dass viele Ärzte einfach ratlos sind bzw. nicht den Elan und die Ausdauer mitbringen, die Patienten ernst zu nehmen. Von einer Histaminunverträglichkeit, die ebenfalls alle oben aufgeführten Symptome verursachen kann und ebenfalls auf verschiedene Faktoren wie Stress, Ernährung und körperliche Belastung reagiert, ist nirgends die Rede. Viele Mediziner kennen dieses Krankheitsbild schlicht und ergreifend auch gar nicht. Mich ärgert es daher immer, wenn jemand mir erzählt, dass sein Gastroenterologe oder Allergologe sie / ihn mit einem „Reizdarm“ nach Hause geschickt hat. Es gibt immer Ursachen für solche Symptome, die tiefer gehen als „das ist halt einfach so bei mir“. Ich habe eine der Ursachen am eigenen Leib kennengelernt. Ich bin mir sicher, es gibt noch viele, viele mehr.