Wie viel braucht der Mensch, um glücklich zu sein? Sind wir glücklicher, wenn wir ein großes Auto, Haus, Bankkonto und einen guten Job haben? Immer mehr Menschen beantworten diese Frage für sich mit einem klaren Nein. Warum viele mit Minimalismus glücklicher leben und welchen Platz Minimalismus in meinem Leben hat.
Was ist Minimalismus?
Minimalismus bedeutet nicht, gar nichts mehr zu besitzen oder dem Geiz freien Lauf zu lassen. Vielmehr bedeutet minimalisitsch leben, dass wir uns bewusst sind, was wir eigentlich an materiellen Dingen in unserem Leben brauchen und was uns wirklich glücklich macht.
Minimalismus ist eine Lebenseinstellung, die sich in vielen Bereichen des Alltags bemerkbar macht und bewusst gewählt ist. Das heißt, es handelt sich nicht um eine finanzielle Notlage oder Sparsamkeit im eigentlichen Sinne. Man verzichtet auf Dinge, die man sich eigentlich problemlos leisten könnte. Wenn man nach „normalen“ Standards unserer westlichen Gesellschaft lebt.
Minimalismus bedeutet häufig nicht nur Konsumverzicht bzw. -reduktion, sondern auch ein Sich-Trennen von überflüssigen Dingen, um Platz für das Wesentliche im Leben zu schaffen. Ein Minimalist versucht, sich bewusst von Alltagszwängen, Materialismus und Bildern aus der Werbung abzugrenzen, selbstbestimmt zu leben und zu entscheiden.
Woher kommt der Materialismus?
Unser Umfeld, die Medien, überall wird uns suggeriert, dass Besitz uns glücklich macht. Bei vielen hat sich ein gefährlicher Mechanismus eingeschlichen: sie füllen ihr Leben mit mehr und mehr materiellen Dingen, die sie vermutlich glücklicher machen. Sie arbeiten 40 Wochenstunden und mehr, um ein größeres Auto, einen besseren Fernseher und schickere Kleidung zu kaufen. Zuhause häufen sich die Besitztümer an, weil man sie ja doch irgendwann wieder brauchen könnte. Und doch ist es nie genug. Es gibt immer einen noch leistungsfähigeren PC, Schuhe, die noch besser aussehen und eine Wohnung, die noch besser zu den Lebensumständen passen würden. Der „Hunger“ nach Materiellem scheint unstillbar.
Woran liegt das? An einem anderen Beispiel wird das Prinzip vielleicht deutlicher: Es gibt Menschen, die viel zu viel essen und dadurch übergewichtig sind. Der Grund, warum sie essen, ist kein körperlicher. Sie haben nicht so viel Hunger nach Nahrung. Vielmehr versuchen sie, ein anderes Bedürfnis, z.B. das nach Liebe oder Anerkennung durch Essen zu stillen. Dass das nie funktionieren wird, scheint sonnenklar. Hunger nach Liebe kann niemals durch Essen gestillt werden. Egal, wie viel man zu sich nimmt.
Im Bezug auf Materialismus ist der Zusammenhang derselbe, nur häufig weniger deutlich ersichtlich. Wir versuchen, unser Bedürfnis nach einem glücklichen Leben durch Anschaffungen und Statussymbole zu befriedigen. Dabei sind es gar nicht die Dinge, die uns glücklich machen. Glück kann nur aus uns selbst kommen. Wer mit wenig nicht zufrieden ist, der wird es auch nicht mit mehr.
Was macht uns glücklich?
Denn was macht uns denn wirklich glücklich? Die Fahrt im dicken Auto oder der Freund, der gut gelaunt auf dem Beifahrersitz sitzt? Kann es sein, dass Zeit mit unseren Liebsten, mit uns selbst, Zeit für die wesentlichen Dinge im Leben viel wertvoller sind als die größte Luxusvilla? Tatsächlich können uns Dinge allein nicht dauerhaft glücklich machen. Geld macht nicht glücklich. Zumindest nicht, wenn man über einen gewissen Grundbetrag hinaus geht. Liebe macht uns glücklich, Selbstverwirklichung, Musik oder Kunst, der Umgang mit Tieren, mit Kindern, Schreiben, Erzählen, Tanzen, all das kann uns wirklich glücklich machen.
Wer den Minimalismus für sich entdeckt hat, der hat diesen Fakt verstanden und möchte ihm in seinem Leben Rechnung tragen. Indem wir auf überflüssige Dinge und Handlungen verzichten, schaffen wir Zeit für das Wesentliche. Zeit um herauszufinden, was uns wirklich glücklich macht und das zu verfolgen.
Minimalismus im Alltag
Es geht dabei nicht darum, von heute auf morgen alles wegzuwerfen und künftig in einem 1-Zimmer-Appartment mit Matratze und Kochplatte zu hausen. Das Ausmisten und Weggeben von materiellen Dingen ist ein fortwährender Prozess, der auch beinhaltet, dass wir uns bei Neuanschaffungen auf wirklich wichtige Dinge fokussieren.
Es geht auch darum, Ressourcen sinnvoll zu nutzen und eben nur zu nutzen – nicht, sich darüber zu identifizieren. Wenn ein Gegenstand nicht genutzt wird und der Besitz mir keine Freude bringt, warum soll ich ihn aufheben? Dann kann ich gleich alles besitzen, was es auf der Welt gibt – nur für den Fall, dass ich es doch einmal bräuchte.
Verkaufen – verschenken – wiederverwerten – verleihen
Ich handhabe das daher so: Ich räume zu Hause regelmäßig auf und aus. Wenn ich Dinge entdecke, die ich lange nicht genutzt und auch nicht gesucht habe, überlege ich, sie loszuwerden. Waren sie teuer in der Anschaffung, versuche ich sie über ebay oder ebaykleinanzeigen zu verkaufen. Kleinigkeiten verschenke ich, im Zweifel auch über ebaykleinanzeigen. Auf diese Weise freut sich jemand anderes, der das Teil vielleicht wirklich gebrauchen kann. Nur im absoluten Ausnahmefall werfe ich etwas weg, was noch zu gebrauchen war.
Alte Kleidung, von der ich den Stoff sehr schön finde, verwende ich wieder als Nähstoff. Daraus bekommt mein Kleiner eine neue Hose, Mütze, oder jetzt zu Weihnachten einen Adventskalender. So habe ich zum Beispiel meine alten Motivkleider, die ich in der Studentenzeit sehr geliebt habe und dadurch nur schwer weggeben konnte, immer noch um mich. Aber jetzt eben als Adventskalender, der mir und meinem Sohn definitiv mehr Freude macht, als Kleider in der hintersten Schrankecke.
Weil ich gerne baue und bastle, haben wir einige Maschinen und Werkzeuge zu Hause. Über verschiedene regionale Plattformen (z.B. auf Facebook) gibt es immer mal wieder Menschen, die nur kurz eine Bohrmaschine oder eine Säge benötigen. Die bekommen sie dann gerne von mir geliehen – so müssen sie keine kaufen und ich habe das Gefühl, dass eine Werkzeuge gut genutzt sind.
Digitaler Minimalismus
Natürlich bezieht sich Minimalismus nicht nur auf das Besitzen von Dingen. Auch die Arbeitszeit wird häufig reduziert, um Zeit für die wichtigen Dinge im Leben zu haben. Und der Medienkonsum. Das fällt mir, um ehrlich zu sein, noch sehr schwer. Denn obwohl ich weiß, dass weniger Smartphone und Laptop gut für mich wären, kann ich es doch nicht lassen. Vor allem in den letzten Monaten, die ich fast ausschließlich als Mama verbracht habe, fühlt sich das Internet an, wie eine Verbindung zur Außenwelt.
Trotzdem werde ich versuchen, das Smartphone in Zukunft häufiger beiseite zu legen und die Zeit exklusiv mit meinem Sohn zu verbringen. Schließlich ist er etwas, was mich wirklich glücklich macht.
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Danke für diesen sehr schönen Beitrag!
Tatsächlich hab ich schon als Kind sehr minimalistisch gelebt. Ich hatte zwar viel Spielzeug, wollte aber immer nur meine „Lieblingssachen“ im Zimmer haben. Den Rest hab ich freiwillig in den Keller gebracht. Diese minimalistische Lebensweise hat sich bis ins Erwachsenenalter gezogen, erst vor 3-4 Jahren hat sich irgendwie was geändert. Ich war heute so schockiert wie viel sich mittlerweile bei mir angesammelt hat, dass ich nach langer Zeit endlich mal wieder das unnötigste bei Ebay eingestellt hab. Ich liebe das befreiende Gefühl und versuche mich gerade mit Beiträgen wie Deinen auch in Zukunft wieder dafür zu motivieren 🙂
Das mit dem digitalen Minimalismus wird bei mir als Webdesigner aber leider wohl etwas schwer.