Resilienz: Trotz schlimmer Erfahrungen wachsen

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Es gibt in meinem Leben einen Menschen, den ich sehr bewundere. Sie ist selbstbewusst, witzig, liebenswert und geduldig. Für sie ist das Glas immer halb voll und schlechte Tage oder Ereignisse kann sie relativ schnell abschütteln. Was ich lange nicht wusste: Das war nicht immer so. Erst, als wir uns schon gut kannten, erzählte sie mir von ihrer Kindheit. Sie war noch sehr klein, als ihre Mutter ihren Vater verließ. Den Vater sah sie danach nicht wieder, hat auch keine Erinnerung mehr an ihn. Ihr Leben verlief von nun an nicht optimal. Sie wuchs unter der Armutsgrenze mit wechselnden, oft sehr fragwürdigen männlichen Bezugspersonen auf.

Für mich war klar: So eine Kindheit und Jugend schüttelt man nicht einfach so ab. Man verdrängt sie und dann holt sie einen irgendwann ein. Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass aus dem kleinen Mädchen aus schwierigen Verhältnissen wirklich eine so starke, gefestigte Persönlichkeit werden konnte. Das ist nicht nur an der Oberfläche. Sie hat ihre Vergangenheit akzeptiert und gelernt, damit zu leben. Trotzdem zu leben und das Leben zu genießen. In der Psychologie gibt es dafür einen Fachbegriff: Resilienz.

Lebenskrisen überstehen: Der resiliente Mensch

Warum ist ihr das gelungen, während andere Menschen aus ähnlichen Verhältnissen in eine Sucht oder psychische Erkrankung abgleiten? Laut Resilienz-Forschung können manche in der frühen Kindheit positive Eigenschaften entwickeln, die ihnen ein ganzes Leben weiterhelfen: Sogenannte Resilienz-Faktoren. Resilienz ist demnach die „Widerstandsfähigkeit der Seele“, die Fähigkeit, widrigen Umständen zu trotzen und auch in schwierigen Lebenslagen immer wieder aufzustehen.

Tatsächlich war bei meiner Freundin in den ersten Lebensjahren ihr Vater sehr fürsorglich und hat sich viel um sie gekümmert. Danach hatte sie eine große Schwester, die ihr lange zur Seite stand. Kombiniert mit ihrer inneren Veranlagung und ihrem Charakter haben diese positiven Bezugspersonen in ihrem Leben wohl ausgereicht, ein hohes Maß an Resilienz zu entwickeln.

Entgegen meiner Laien-Meinung muss man also keine perfekte, heile Welt haben als Kind, um zu einem glücklichen, widerstandsfähigen Erwachsenen heranzuwachsen. Allerdings haben dieses Glück nicht alle Menschen, sondern statistisch gesehen lediglich etwa 30% der Kinder, die unter schwierigen Verhältnissen aufwachsen. Dazu gab es bereits in den 1950ern erste Studien in den USA. Diese Langzeitstudie (Emmy Werners „Kauai-Studie“) zeigt drei Faktoren, die für die Entwicklung der Resilienz bei Kindern wichtig sind:

  1. Stabile Beziehung zu einer Bezugsperson innerhalb oder außerhalb der Familie
  2. charakterliche Disposition: ruhiges, positives Wesen
  3. frühes Übernehmen von Verantwortung

Resilienz erwerben

Auch wenn in der Kindheit die Grundsteine für Resilienz bei einem Menschen gelegt werden, auch im Erwachsenenalter kann man diese Fähigkeit noch ausbauen und stärken. Wer in der Kindheit nicht die Chance hatte, eine stabile Bezugsperson in sein Leben zu lassen, kann dies später nachholen. Auch Verantwortung für sich und andere kann man bewusst übernehmen, z.B. indem man ein Haustier versorgt oder in einer gesunden Partnerschaft lebt. Die charakterliche Disposition ist ihrer Natur gemäß sehr schwierig zu verändern. Aber auch daran kann man arbeiten. Man kann versuchen, die Umwelt und vor allem die eigene Person und das eigene Leben positiv zu werten und zu wertschätzen. Das erfordert, zugegeben, einiges an bewusster psychologischer Arbeit, ist aber nicht unmöglich. Zumal man diesen Weg nicht alleine gehen muss, wenn man nicht möchte. Ein liebevoller Partner kann dabei genauso unterstützen wie ein Therapeut oder Heilpraktiker.

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