So verändern Antibiotika die Darmflora

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Meine Eltern waren immer sehr skeptisch gegenüber dem Einsatz von Antibiotika. Auch in einer Zeit, als diese noch als regelrechtes Wundermittel galten. In meiner gesamten Kindheit musste ich auch nie welches nehmen. Erst, als ich etwa 21 war und in Schottland eine Mandelentzündung bekam, wurde mir erstmals Penicillin verschrieben. Gesundheitlich war diese Antibiotika-Einnahme der Anfang vom Ende.

Wie Antibiotika unsere Darmflora verändern

Vor diesem Besuch in Schottland war ich gesund. Hatte eine vermutlich gesunde Darmflora. Danach begannen langsam die Symptome der Histaminintoleranz, die Jahre später, nach einem langen Leidensweg, diagnostiziert wurde. Wahrscheinlich hatte das Antibiotikum meine Darmflora derart durcheinander gebracht, dass sie die Enzymschwäche nicht mehr ausgleichen konnte. So wie mir ergeht es vermutlich vielen – nur meist viel, viel früher. Denn durchschnittlich nehmen 25% der Deutschen etwa einmal pro Jahr Antibiotika. Leider ist der Grund dafür selten eine ernst zu nehmende, bedrohliche Erkankung, sondern häufig einfach nur eine „Erkältung“. Nicht nur könnte der Körper mit dieser Art von Bakterien selbst umgehen, sondern die Behandlung ist teilweise sogar wirkungslos. Denn viele „Erkältungen“ entstehen durch Viren – Antibiotika helfen aber nur gegen Bakterien.

Procalcitonin-Test
Es gibt übrigens einen Test, der anzeigt, ob eine Erkältung durch Viren oder Bakterien verursacht wird. Diesen kann der Hausarzt durchführen. Er kostet etwa 30€ und verhindert die unnötige Einnahme eines Antibiotikums.

Eine unnötige Einnahme von Antibiotika ist aber keineswegs wirkungslos. Auch wenn vielleicht die krankheitsverursachenden Viren nicht abgetötet werden, so vernichtet das Antibiotikum trotzdem eine Bandbreite anderer Bakterien – darunter eine Vielzahl an hilfreichen, symbiotischen Bakterien. Denn auch wenn man als Laie manchmal denkt, Bakterien wären etwas schlechtes, schädliches: Tatsächlich leben in unserem Körper Millionen und Milliarden dieser Zellen, die wir zum Überleben benötigen und die uns gesund halten. Unsere gesamte Darmflora ist nichts anderes, als ein Bakterien-Teppich, auf dem die nützlichen die schädlichen im Zaum halten.

Nützlich bedeutet im Falle der Darmflora, dass sie zum Beispiel helfen, bestimmte Stoffe aus der Nahrung aufzuspalten, Krankheitserreger abtöten, Vitamine bilden oder Schadstoffe binden. Schädlich bedeutet, dass diese Bakterien lebenswichtige Stoffe aus dem Nahrungsbrei aufbrauchen und dafür Giftstoffe ausscheiden oder die Darmwand löchrig machen. Candida Albicans ist zum Beispiel ein Bakterium, das großen Schaden anrichtet, wenn es ungehindert wachsen kann. Ungehindert wachsen kann es dann, wenn die guten Bakterien aus irgendeinem Grund zu wenig vorhanden sind. Weil sie durch eine Antibiotika-Behandlung abgetötet wurden zum Beispiel.

Im Ergebnis schmälert eine Antibiotika-Einnahme also nicht nur die Vielfalt der Bakterien, die in unserem Darm leben, sondern beeinträchtigt auch das Gleichgewicht der Bakterien im Darm. Wie lange es dauert und ob dieses jemals wieder ganz hergestellt wird, kann niemand sagen. Dass eine ausgewogene Darmflora allerdings unser Leben und unser Wohlbefinden, sogar unsere Intelligenz oder Laune, maßgeblich beeinflusst, ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen.

Sind Antibiotika also schlecht?

NEIN! Gott segne den Menschen (Alexander Fleming), dem es gelungen ist, Antibiotika zu isolieren und als Medikament nutzbar zu machen. Denn im Ernstfall kann es Leben retten. Bei einer gefährlichen Lungenentzündung oder anderen schweren Infekten zum Beispiel. Allein wurde dieser Segen in den fast 100 Jahren seit der Erfindung langsam geschmälert – unter anderem durch die vielen antibiotika-resistenten Keime, die durch die übermäßige Nutzung entstanden sind. So kann es mittlerweile passieren, dass ein Mensch an einem Infekt stirbt, gegen den vor 10 Jahren noch ein ganz simples Antibiotikum geholfen hätten.

Wie entstehen multi-resistente Keime?

Unter den abertausenden an Bakterienstämmen, die von einem Antibiotikum im Körper an der Vermehrung gehindert werden, gibt es immer wieder einzelne Zellen, die Resistenz-Mechanismen verschiedenster Art gegen das Antibiotikum entwickeln. Im Gegensatz zu allen anderen Bakterien können sie also die Antibiotika-Behandlung überleben. Wenn sie danach auch noch dem menschlichen Immunsystem entkommen, finden sie ideale Bedingungen für eine schnelle Vermehrung: kaum Konkurrenzorganismen. Wenn derselbe Mensch nun dasselbe Antibiotikum wieder gegen diese Bakterien verwenden will, ist es unwirksam. Denn weil jetzt alle Bakterien dieser Art von dem resistenten Keim abstammen, haben sie auch alle den wirksamen Resistenz-Mechanismus gegen das Antibiotikum. Wenn das mit mehreren verschiedenen Antibiotika passiert, nennt man den Keim multi-resistent.

Wie kann ich mich vor multi-resistenten Keimen schützen?

  • Vorsicht in asiatischen Ländern. Hier sind die multi-resistenten Keime viel weiter verbreitet.
  • Auf Fleisch verzichten oder Bio-Fleisch kaufen. In der Tierhaltung wird häufig prophylaktisch Antibiotika gegeben und multi-resistente Keime werden wahrscheinlicher.
  • Obst und Gemüse, das nicht aus eigenem Anbau stammt, gut waschen. Über den Tierkot (Dünger) könnten die multi-resistenten Bakterien aus der Tierhaltung verbreitet werden.
  • Nur bei ernsthaften Erkrankungen mit Lebensgefahr bzw. der Gefahr von Folgeschäden Antibiotika einnehmen. So verhinderst Du multi-resistente Keime aus „Eigenzucht“.

Nach Antibiotika Darmflora aufbauen

Trotzdem gibt es Situationen in denen Antibiotika vielleicht unerlässlich sind oder sinnvoll erscheinen. Dabei solltest Du wissen, dass Du nach den Antibiotika die Darmflora wieder aufbauen kannst. Vielleicht sind einige Darmbakterien für immer verschwunden, aber zumindest kannst Du dafür sorgen, dass die hinterlassene Lücke durch gute und nicht durch schädliche Bakterienstämme besiedelt wird.

  1. Einnahme von Probiotika, also von nützlichen Darmbaktieren. Das kann in Form geeigneter Präparate passieren, oder zumindest durch Joghurt, Kefir, oder Sauerkraut.
  2. Präbiotika in die Ernährung einbauen, die die guten Baktieren „füttern“.
  3. In den ersten Wochen nach der Einnahme Zucker und Weißmehl weglassen oder reduzieren. Das füttert die schlechten Bakterien, die sich dann rasend schnell vermehren können.
  4. Stress reduzieren. Der schadet nämlich dem Organismus allgemein und dadurch auch der gesunden Darmflora.
  5. Eine Darmsanierung kann im Notfall helfen, wenn die ersten Punkte nichts gebracht haben.
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